Behandelnder Arzt kann Erbe sein

Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2023 – 21 W 91/23

Eine Erblasserin befand sich noch zu Lebzeiten in ärztlicher Behandlung und setzte diesen Arzt später in ihrem Testament zum Miterben ein. Das Testament legte die Erblasserin dem Begünstigten auch vor und bat ihn um die ärztliche Bestätigung ihrer Testierfähigkeit, was auch wunschgemäß bestätigt wurde. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Arzt einen Erbschein als Miterbe. Hiergegen wehrte sich ein weiterer Miterbe. Es wurde vorgetragen, dass die Erbeinsetzung des Arztes gegen die Berufsordnung für Ärzte verstoßen würde, welche es behandelnden Ärzten untersagt von Patienten Vorteile anzunehmen oder sich Geschenke versprechen zu lassen, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinträchtigt wird.

Das Oberlandesgericht entschied aber, dass die Regelung in der Berufsordnung für Ärzte zwar grundsätzlich als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anzusehen wäre und das ein Verstoß hiergegen grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge hätte. Allerdings richtet sich das Verbot in erster Linie an den Arzt und nicht an den Testierenden. Sofern man hieraus ein Testierverbot des Erblassers ableiten würde, wäre dies nach Ansicht des Senats ein unangemessener Eingriff in die Testierfreiheit. Im Ergebnis gab das Oberlandesgericht damit dem Arzt recht.

Erbschaftsteuerbegünstigung bei Auslandsvermögen

Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 12.10.2023 – C-670/21

Sowohl der Erblasser als auch der Erbe hatten in dem zu entscheidenden Fall ihren Wohnsitz in Deutschland und waren damit unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig in Deutschland. Zu dem vererbten Vermögen zählte aber auch Grundvermögen in Kanada, dass dort zu Wohnzwecken vermietet wurde. Der Grundbesitz zählte nicht zu einem Betriebsvermögen.

§ 13c Abs.1 ErbStG begünstigt zu Wohnzwecken vermietetes Privatvermögen insofern, als 10 % des Wertes steuerfrei sind und lediglich 90 % des Wertes zur Besteuerung herangezogen werden. Allerdings beschränkt die Vorschrift die Begünstigung auf vermietetes Grundvermögen im Inland oder der EU/EWR. Entsprechend erfolgte durch das Finanzamt zunächst auch kein verminderter Wertansatz für das Grundvermögen in Kanada, wogegen sich der Kläger wandte. Er trug vor, dass ihn das deutsche Erbschaftsteuerrecht in seinen Grundfreiheiten verletzen würde, konkret sei die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt, wenn vermietetes Grundvermögen in Deutschland und der EU im Erbfall begünstigt wird, während Grundvermögen in Kanada im Erbfall voll besteuert wird. Der EuGH gab der Klage letztlich statt und wies die Einwände der deutschen Regierung zurück. Diese hatte argumentiert, dass zwingende Gründe des Allgemeininteresses es erfordern würden, die Begünstigung auf Vermögen im Inland und der EU/EWR zu begrenzen. Konkret wurde mit dem Bedürfnis einer sozialen Wohnungspolitik und der Notwendigkeit die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten argumentiert. Beides überzeugte das höchste europäische Gericht nicht. Der deutsche Gesetzgeber wird das Erbschaftsteuergesetz daher in diesem Punkt zeitnah ändern müssen.

Beginn der Ausschlagungsfrist

LG Wuppertal, Urteil vom 6.1.2023 – 2 O 298/19
Ein Erbe kann seine Erbschaft grundsätzlich innerhalb einer Frist von 6 Wochen ausschlagen. Gem. § 1944 Abs.2 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Problematisch ist es, wenn verschiedene widersprechende Erbverträge und Testamente existieren und deshalb zunächst nicht klar ist, ob die Erbeinsetzung wirksam ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass längere Zeit, teilweise über mehrere Instanzen gestritten wird, bis eine rechtskräftige Entscheidung Gewissheit über die Erbfolge bringt.
Das Landgericht Wuppertal hat in vorliegendem Fall entschieden, dass die Ausschlagungsfrist dann erst beginnt, wenn Gewissheit über die Erbfolge besteht. Konkret ging es darum, ob ein früherer Erbvertrag eine nachträgliche abweichende Erbeinsetzung durch Testament verhinderte. Sofern eine Rechtsauffassung nicht von Anfang an von der Hand zu weisen ist und Streit hierüber besteht, verschiebt sich der Beginn der Ausschlagungsfrist daher bis zu dem Zeitpunkt einer verbindlichen Entscheidung hierüber im Erbscheinverfahren durch das Nachlassgericht.

Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmers

OLG München, Urteil vom 21.11.2022 – 33 U 2216/22

Das Oberlandesgericht München hatte über Auskunftsansprüche eines Kindes zu entscheiden, dem durch eine Testament auf Gegenseitigkeit seiner Eltern ein Vermächtnisanspruch in Höhe seines Pflichtteils zugewandt wurde. Grundsätzlich stehen dem pflichtteilsberechtigten Kind Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche gem. § 2314 BGB zu, d.h. er kann ein notarielles Nachlassverzeichnis oder auch Sachverständigengutachten z.B. für Immobilien verlangen.

Im konkreten Fall machte das Kind aber keine Pflichtteilsansprüche geltend, sondern nahm nur das Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils an. In diesem Fall entschied das Oberlandesgericht München, dass dem Kind dann keine Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche aus § 2314 BGB zustehen, sondern allenfalls ein Auskunftsanspruch zur Durchsetzung des Vermächtnisses besteht. Zur Erfüllung dieses Anspruchs genügt aber eine einfache schriftliche Auskunftserteilung des Erben.