Steuerrecht

Beweiswert der Aussage eines Notars zur Geschäftsfähigkeit

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 13.7.2021 – 10 U 5/20

Die Frage der Geschäftsfähigkeit bzw. Testierfähigkeit hat weitreichende praktische Bedeutung bei der Prüfung der Wirksamkeit von Erbverträgen oder Testamenten. Die Rechtsprechung definiert die Geschäftsfähigkeit äußerst komplex. Geschäftsunfähig ist demnach, wer über einen länger andauernden Zeitraum hinweg zu freien Entscheidungen nach Abwägung des Für und Wider auf Grund einer sachlichen Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte nicht in der Lage ist, weil seine Erwägungen und Willensentschlüsse wegen krankhafter Geistesstörung oder Geistesschwäche nicht mehr auf einer der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechenden Würdigung der die Außenwelt prägenden Umstände und der Lebensverhältnisse beruhen, sondern durch krankhaftes Empfinden, krankhafte Vorstellungen und Gedanken oder durch unkontrollierte Triebe und Antriebskräfte oder die Einwirkung Dritter derart übermäßig beherrscht werden, dass von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann. Nach dem Erbfall streiten Erben häufig, ob der Erblasser noch geschäftsfähig bzw. testierfähig war zum Zeitpunkt der Errichtung eines maßgeblichen Testaments oder Vertrags. Bei der Beurteilung dieser Frage sind Gerichte und Gutachter häufig auf Zeugenaussagen angewiesen über den Erblasser angewiesen. Das Oberlandesgericht Hamm hat nun entschieden, dass die Einschätzung eines beurkundenden Notars zur Geschäftsfähigkeit hierbei keine zu große Bedeutung hat, da der Notar als Jurist kein medizinisches Fachwissen hat. Ein medizinisches Gutachten, dass die Geschäftsunfähigkeit bestätigt ist daher maßgeblich, sofern keine anderweitigen Umstände des Einzelfalls für die Geschäftsfähigkeit sprechen.